Teil 1
Zum Weihnachtsfest 2024
Heute
ist Heiligabend.
Gefühlt
ist Hochsommer und das hat für mich so garnichts mit Weihnachten zu tun.
Ich
sitze vorm Haus unter dem Dach und sehe im Garten den großen Mangobaum, an dem
die Früchte reifen.
Blumen
blühen und es ist überall üppig grün.
Jetzt,
um halb zwölf sind schon 30 Grad und es wird noch wärmer.
Ein
sehr eigenartiges Weihnachtsfest, im wahrsten Sinne des Wortes – es hat seine
eigene Art und ist so ganz anders, als ich es kenne.
Und
wie so oft ist es auch jetzt – das was man nicht hat, vermisst man sich am
meisten und sehnt sich danach.
Ist
das Unzufriedenheit?
Ist
das Undank?
Nein,
wohl eher nicht.
Es
wird mir hier sehr stark bewusst, woran man Herz hängt, was mir tatsächlich
wichtig ist.
Die
alten Traditionen, die mich in den zurückliegenden Jahren auch manchmal genervt
haben (Übertreibung ist nie gut und ein Zuviel löst Abwehr aus), fehlen mir in
diesem Jahr.
Gemütliche
Teestunden im Advent, die alten Lieder und vertraute Musik, Kerzen in der
Dunkelheit, Plätzchen und Lebkuchen und sogar die Kälte draußen und das wohlige
Gefühle, in die warme Wohnung zu kommen.
Hier
ist alles anders, vielfach genau umgekehrt.
Draußen
ist es zu warm und man zieht sich in die klimatisierten Häuser und Wohnungen
zurück.
Statt
Plätzchen und Lebkuchen gibt es Mango, Bananen, Wassermelonen und Mamones
(Papaya).
Heute
ist es sehr ruhig.
Im
Gegensatz zu gestern.
Da
habe ich überall eine fiebrige Aufgeregtheit gespürt.
Schnell
alle noch erledigen vor dem Fest, denn es soll ja schließlich alles schön sein,
möglichst perfekt.
Nicht
anders als in Deutschland macht man sich auch hier selbst großen Druck.
Dabei
könnte alles so einfach, so leicht sein.
Ein
bisschen schönes Essen, sich zwanglos zusammensetzen, wer kommt der kommt.
Vielleicht
gibt’s Geschenk, vielleicht auch nicht – egal.
Jeder,
der da ist, ist ein Geschenk – en Geschenk der Hoffnung.
Gerade
las ich von einem Kollegen, der heute Hoffnung predigen möchte, vor allem sich
selbst.
Das
ist schwer, spüre ich bei mir selbst.
Diese
chaotische, grausame, kaputte Welt scheint alle Hoffnung aufzufressen, kaputt
zu machen, zu vernichten.
Ein
anderer beschwerte sich über nichtssagende Worthülsen in Weihnachtsbotschaften.
Mir
fiel nicht anders ein als zuschreiben:
Sprachlosigkeit versteckt in leeren
Worthülsen. Das kenne ich von mir auch.
Es ist mühsam, beängstigend, herausfordern,
ermüdend, da rauszukommen; eine wahre Kraftanstrenung, die vielleicht
überfordert. Was kann helfen?
Ja,
was kann helfen? Welche Hoffnung glaube ich mir selbst? Welche Hoffnung trägt
angesichts von Toten und Verwundeten - verwundet an Leib und Seele - in
Magdeburg, in der Ukraine, im Nahen Osten, im Sudan?
Die
Gründe für naheliegende Hoffnungslosigkeit ließen sich ohne Ende aufzählen;
auch und gerade zu Weihnachten.
Warum
sollte mir ein kleines Kind vor zweitausend Jahren geboren Hoffnung geben?
Oberflächlich
betrachtet hat sich doch nichts verändert seit damals.
Oberflächlich.
Aber
was macht es mit mir?
Wie
sieht es in mir drinnen aus?
Was
verbinde ich mit diesem Kind?
In
diesem Kind fühle ich mich gesehen, mit alle meiner Not, aller Hoffnungslosigkeit,
allem Zweifel, mit allem, was in mir ist.
Gott
sieht mich.
Das
glaube ich ganz fest.
Er
ist da, wenn es mir gut geht, wenn ich glücklich und fröhlich bin.
Er
ist bei mir, wenn ich ganz unten bin, mich ganz elend und einsam fühle, traurig
und verzweifelt.
Dieses
kleine Kind ist jeder einzelne Mensch, mit all dem, was in ihm ist.
Wenn
ich mich völlig hilf- und hoffnungslos fühle und nicht weiter weiß, fühle ich
mich diesem Kind in ganz besonderer Weise verbunden.
Und
ich sehe mich in ihm von Gott gesehen.
Davon
möchte ich reden.
Jetzt
und hier.
Mit
jedem Menschen, der mir begegnet und auf der Suche nach Hoffnung ist, so wie
ich.
Ich
suche nach Worten, um auszudrücken, was mich bewegt und es fällt mir schwer.
Andere
vor mir haben das, was meine Seele berührt, wunderbar gesungen.
Zum
Beispiel Gerhard Schöne:
Spar deinen Wein nicht auf für morgen,
Sind Freunde da, so schenke ein!
Leg, was du hast, in ihre Mitte.
Durchs Schenken wird man reich allein.
Spar nicht mit deinen guten Worten.
Wo man was totschweigt, schweige nicht.
Und wo nur leeres Stroh gedroschen,
da hat dein gutes Wort Gewicht!
Spar deine Liebe nicht am Tage
für paar Minuten in der Nacht.
Hol sie aus ihrer Dunkelkammer,
dann zeigt sie ihre Blütenpracht.
Spar deinen Mut nicht auf für später,
wenn du mal ,, was ganz Grosses" bist.
Dein kleiner Mut hilft allen weiter,
weil täglich Mut vonnöten ist.
Spar deinen Wein nicht auf für morgen,
Sind Freunde da, so schenke ein!
Leg, was du hast, in ihre Mitte.
Durchs Schenken wird man reich allein.
So
meine ich das.
Das
gibt mir Hoffnung.
Weil
Gott mich sieht;
in
dem Kind in der Krippe, geboren zu Weihnachten vor 2000 Jahren
und
in jedem anderen Menschen, der mit mir zusammen auf der Suche nach der Hoffnung
ist.
Heute ist es soweit. Der Herrnhuter Stern, ein Geschenk meiner Mutter an meine Schwiegermutter erstrahlt vor dem Haus. Und das bei 23 Grad und leichtem Regen. Es ist also ziemlich feuchtchtwarm. Zum Mittagessen erklangen heute altvertraute deutsche Weihnatslieder von einer des Schwiegervaters Schallplatten. Alles etwas eigenartig, aber irgendwie auch schön. So wird einem bewusst, wie wichtig die heimischen Traditionen sind.
Das erste Flugzeug von Hannover nach Zürich
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